Sommernacht


Zeitraum
05.06 + 21:00 Uhr

Charaktere
@Kiro [Aiden] // @Olivia [Louann]

Ort
Auf dem obersten Deck der Drachenzorn

Handlung
Kiro wollte eigentlich nur rauchen gehen, weil er das in der Kabine, die sich sein Zimmer schimpft, nicht soll. Doch er hat nicht damit gerechnet, dass das durchaus Aufmerksamkeit erregt. So sehr er das auch hasst.

[Kiro]

Langsam hatte es zu dämmern begonnen, als ich die Treppe hinauf auf das Deck trat. Der Himmel hatte bereits einen rötlichen Schimmer, was darauf hindeutete, dass es bald dunkel werden würde.
Auf dem Schiff gab es nicht sonderlich viel zu tun, aber wenigstens gingen die Tage schnell herum. Trotzdem hoffte ich, dass die Überfahrt bald ein Ende hatte, denn auf engem Raum mit einem Haufen Leute war einfach nicht mein Ding.
Das war auch der Grund, weswegen ich erst jetzt hinauf kam. Es sollte spät genug sein, um nur wenigen Leuten zu begegnen, wenn überhaupt. Ich steuerte direkt die Rehling an, stützte die Arme auf dem Holz ab und betrachtete einfach die Ferne für einen Augenblick. Nichts als das Meer war zu sehen und das war ein merkwürdiges Gefühl. Diese Insel musste wirklich weit weg sein. Warum also machte man sich überhaupt die Mühe, sie zu besiedeln? Es erschien mir eher wie ein waghalsiges Unternehmen.
Ich strich mir ein paar der aktuell noch lilanen Haarsträhnen aus dem Gesicht, die durch den Wind Unordentlich geworden waren. Es half nicht viel, aber zumindest hatte ich sie nicht mehr in den Augen. So wie es aussah, sollte ich sie bald wieder schwarz färben, um Ansätze zu vermeiden. Dann holte ich mit Links eine Schachtel Zigaretten aus der Tasche an meinem Bein.
Eine herauszuholen und sie mir zwischen die Lippen zu stecken war nicht schwer. Das Anzünden dagegen schon, denn ich musste mich nicht nur zum Wind abgewandt drehen, sondern auch die Linke zum Abschirmen nehmen. Verdammte Schiffsfahrt!

[Kiro]


Der Wind kam nicht nur von einer Seite direkt, was wirklich ärgerlich war. Der Zippo war definitiv noch nicht leer, immerhin hatte ich ihn vor der Reise extra noch einmal gefüllt. Allerdings musste ich feststellen, dass es nicht nur an dem Wind zu liegen schien. Ich kam nur nicht dazu, etwas anderes zu tun, denn es nährten sich Schritte auf den Planken und führten dazu, dass ich aus den Augenwinkeln in diese Richtung sah. Na super, auch noch ein ungebetener Besucher. Die einsetzende Dämmerung und die eher dunklere Hautfarbe führten dazu, dass ich einen Moment brauchte, die Gesichtszüge gänzlich auszumachen. Es war eine junge Frau, die genauso fehl auf dem Schiff wirkte wie ich selbst wohl auch.
Bei der Frage jedoch grollte ich lediglich leise aus der Kehle heraus. Nein, man konnte mir
nicht helfen und ich hatte noch weniger Lust auf Gesellschaft. Vor allem nicht, weil ich durchaus einen Hauch Spott in ihrer Stimme vernahm. Oder etwas ähnliches und das gefiel mir ganz und gar nicht.
Da die Frage meiner Meinung nach beantwortet war, konzentrierte ich mich wieder auf mein Problem. Die Kippe noch zwischen den Lippen, steckte ich das Feuerzeug ein, um die Hand frei zu haben. Stattdessen zog ich den Handschuh rechts aus und betrachtete missmutig das Problem, welches ich festgestellt hatte. Salzluft war nicht gut für die Prothese, wie ich feststellte. Das war einer der Gründe, weswegen ich Handschuhe trug, aber das schränkte eindeutig auch die Feinmotorik ein. Daher bewegte ich die Finger, was diesmal wesentlich besser funktionierte. Also auf ein Neues. Und diesmal hielt die Flamme, sodass ich die Zigarette anzünden konnte. Na endlich!

[Kiro]

Dieses Gefühl, angestarrt zu werden, würde immer etwas sein, an das ich mich nicht gewöhnen würde. Es war unangenehm und mir war vollkommen klar, was sie anstarrte. Die Hand, deren metallisches Äußeres sich eben gerade kaum verbergen ließ. Natürlich tat sie das. Das war immer so. Doch es machte das Gefühl nicht besser. Langsam ballte ich die gefühllosen Finger zu einer Art Faust, während ich einen tiefen Zug von der Zigarette nahm. So konnte ich die ersten Worte, welche mir in den Sinn kamen, einfach hinunterschlucken. Nämlich schlicht und ergreifend ein Starr mich nicht an. Und auch andere Sätze kamen mir in den Sinn, einer unfreundlicher als der andere. Trotzdem wollte ich sie nicht einfach so davon kommen lassen. "Noch nie ne künstliche Hand gesehen, oder was?" Es erstaunte mich selbst, dass es nicht einmal ansatzweise so zornig klang, wie ich im ersten Moment gewesen war. Genervt schon, aber das war ja wohl irgendwie klar. Schließlich war es das Erste, was die Menschen taten, wenn sie so etwas sahen. Und das Zweite war für gewöhnlich irgendeine halbherzige Mitleidsbekundung, welche ich genauso wenig gebrauchen konnte.
Dass ich auf die Frage, warum ich draußen war, nicht einging, war mir durchaus bewusst. Aber ich hatte auch zuvor bereits gezeigt, dass ich keine Lust auf Smalltalk hatte. Das war einfach nichts für mich und würde es wohl auch nie werden.

[Kiro]


Sie sah nicht sonderlich schuldbewusst aus. Dieser Fakt brachte mich dazu, kurz die Augenbraue zu heben. Das war eine eher ungewöhnliche Reaktion. Die meisten wandten den Blick beschämt ab, wenn man sie erwischte. Sie war dahingehend anders. Allerdings stach das Verhalten auch nicht allzu sehr heraus. Es passte zu dem Profil, welches sich langsam in meinen Gedanken bildete. Das war unumgänglich, schließlich drängte sie mir ihre Gesellschaft regelrecht auf. Und dabei kenne ich weder ihren Namen, noch den irgendeines anderen, der hier Passagier sein soll. Namen waren allerdings auch ein gefährliches Gut.
Trotzdem, es hielt sie nicht davon ab, weiterhin herausfinden zu wollen, was mich nach Oben getrieben hatte. Innerlich seufzend wurde mir klar, dass diese Scharade vermutlich nie enden würde, wenn sie fast nur auf Schweigen traf. "Weder noch," antwortete ich daher knapp, wobei ich, recht demonstrativ, wie ich zugeben musste, einen Zug von der Zigarette nahm. Die war schließlich der einzige Grund gewesen, überhaupt an die frische Luft zu gehen. Das Meer interessierte mich noch weniger als das Schiff und selbst dieses betrachtete ich eher mit Desinteresse. Es war einfach nicht meine Welt und wenn es nach mir gegangen wäre, wäre ich auch überhaupt nicht hier. Nur hatte die Alternative eben nicht sonderlich gut für mich ausgesehen. Wobei. Das hier war vermutlich mehr Strafe.

[Kiro]


Kluges Mädchen, kam es mir nur halb sarkastisch in den Sinn, als sie endlich einsah, dass dahingehend keine große Antwort meinerseits zu erwarten war. Wer sich Abends das Meer ansehen wollte, hatte selbst Schuld. Vor allem, wenn man so begrüßt wurde. Mir war klar, dass man auf einem Schiff nicht immer allen Leuten aus dem Weg gehen konnte, doch konnte ich auf Smalltalk eindeutig verzichten. Gesellschaft duldete ich zudem auch nur, weil mir im Augenblick nichts weiter übrig blieb. Hätte sie geschwiegen, hätte ich ihre Anwesenheit wahrscheinlich auch einfach hingenommen. Aber sie hatte andere Pläne und stellte sich vor. Und natürlich fragte sie auch nach meinem Namen. Von diesem Punkt an konnte ich mir gut vorstellen, wie das Spiel weiter verlaufen würde, würde sie kein Antwort bekommen. Doch Namen konnten gefährlich sein, ich hatte daher auch keine große Lust, ihn zu verraten. Ich könnte wohl auf einen meiner Decknamen in Amerika nehmen, was vermutlich irgendwann jedoch herauskommen würde. Nicht, dass mich das groß interessierte. Immerhin ging mein Name niemanden wirklich etwas an. Doch ich konnte auch sehen, dass es vielleicht zu anderen Problemen führen konnte. Also beschloss ich, es wie in Japan beizubehalten. Schien zumindest ein Kompromiss zu sein, mit dem man leben konnte. "Hakobiya," sagte ich daher schlicht, ohne groß zu erklären, dass das eigentlich mein Nachname war. Nun, es gab wenig Zweifel an meiner asiatischen Herkunft und damit war es wohl auch eine angemessene Antwort. Und vielleicht war es auch genug, damit diese Olivia endlich abdampfte.

[Kiro]

"Richtig," bestätigte ich und schaffte es dabei sogar fast, einen sarkastischen Unterton zu unterdrücken. Nun, er fiel wesentlich milder aus als der Kommentar in meinen Gedanken zuvor. War es gemein? Vielleicht. Aber wenn ich wollen würde, könnte ich wohl noch wesentlich gemeiner sein. Stattdessen jedoch nahm ich mir die Zeit, tief ausatmend etwas Rauch auszustoßen. "Hakobiya ist Japanisch," klärte ich dann das doch recht Offensichtliche auf. Nun ja, auf eine asiatische Herkunft konnte man wenigstens kommen. Auch war mir klar, dass ich durchaus kleine Pausen zwischen meinen Sätzen ließ. Vielleicht um sie damit zu nerven, was irgendwie nur gerechtfertigt war, vielleicht auch, weil ich eben noch nie sonderlich gesprächig war. Man konnte einfach keine großen Reden von mir verlangen. "Dort ist es vor allem der Familie vorbehalten, jemanden beim Vornamen zu nennen." Und engen Vertrauten, aber da ich nicht vor hatte, mir auch nur ansatzweise so etwas wie 'Freunde' anzulachen, wollte ich dahingehend auch keine Ideen aufkeimen lassen. Aber wenn ich ehrlich war, wollte ich auch nicht zu sehr auf meinen Namen und die Anreden eingehen. Es reichte, wenn mich alle Hakobiya nannten. Sie sollten sich gar nicht erst an irgendetwas anderes gewöhnen und ich konnte auch auf den ganzen Kram mit den Suffixen verzichten, bevor noch einer darauf kam, irgendetwas verniedlichen zu wollen. Viele Möchtegern-Japaner kämen nämlich auf die Idee, 'chan' anzuhängen und das wäre nicht nur ärgerlich.

[Kiro]


"Natürlich," kam es direkt zurück, in meiner besten, trockenen Tonlage, die ich zu bieten hatte. Wenn schon, musste man so eine alberne Frage auch entsprechend vergelten. So etwas provozierte mich nicht einmal ansatzweise. Mich konnte man kaum mit blöden Sprüchen wirklich kriegen. Obwohl es doch irgendwie amüsant war, wie sie es immer noch versuchte, obwohl mittlerweile klar sein sollte, dass ich eigentlich nicht scharf darauf war, auch nur irgendwen kennen zu lernen.
Für die nächste Frage ließ ich mir diesmal allerdings mit voller Absicht Zeit, nahm einen Zug meiner Zigarette und stieß eine Rauchwolke aus. Hatte ich nicht gerade gesagt, dass der Vorname meiner Familie vorbehalten war? Es wäre nicht schwer, ihn irgendwann heraus zu finden, ich könnte ihn Olivia verraten, doch das würde dem mir aufgezwungenen Gespräch doch irgendwie das kleine Bisschen Spaß nehmen. "Dafür, Kleine, braucht es wesentlich mehr als eine Unterhaltung," gab ich also zurück, während ich mich halb herum drehte. An die Rehling gelehnt, holte ich mit der gesunden Hand die Schachtel Zigaretten aus der Beintasche, drückte mit dem Daumen den Deckel auf und hielt diese Olivia hin. Sie sah nicht nach einer Raucherin aus, aber das war, in Anbetracht des sonstigen Verlaufes unseres Gespräches, doch eine recht große Geste. "Anzünden musst du selbst," stellte ich zeitgleich klar, denn das war aus offensichtlichen Gründen eine große Herausforderung für mich. Ich wusste nicht, ob sie mehr rein interpretieren würde oder nicht, was mir tatsächlich sogar recht egal war. Mehr soziale Höflichkeit konnte man von mir wirklich nicht erwarten.